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Elektronische Kommunikation mit Behörden

Die Digitalisierung der Verwaltung ist ein schweres Thema in deutschen Amtsstuben. Viele Behördenmitarbeiter/-innen tun sich schwer, vom gewohnten Papier auf digitale Prozesse umzusteigen. Aber nicht nur Gewohnheit, sondern auch rechtliche Unsicherheiten spielen an der Behördenfront eine Rolle. Zudem haben die Behörden eine Monopolstellung hinsichtlich Verwaltungsdienstleistungen, sodass es schlicht an Konkurrenz fehlt, die eine Digitalisierung zusätzlich befeuern würde.

Doch wie verhält es sich auf der Seite der Empfänger/-innen behördlicher Dienstleistungen (Bürger/Einwohner/Klienten/Antragsteller etc.)? Welche Möglichkeiten bestehen für diese, mit der Behörde digital und schriftformersetzend in Kontakt zu treten? Wie kompliziert sind die einzelnen Möglichkeiten? Hier eine Einschätzung zu vier Alternativen.

Zugangseröffnung

Die Übermittlung elektronischer Dokumente (z. B. E-Mails aber auch Kontaktformulare von Behörden etc.) ist nach § 1 SächsVwVfZG, § 3a Abs. 1 VwVfG grundsätzlich nur zulässig, soweit der Empfänger einen Zugang eröffnet hat. Dies betrifft sowohl die Behörden als auch die Empfänger/-innen der Verwaltungsdienstleistungen.

Im Freistaat Sachsen verpflichtet § 2 Abs. 2 SächsEGovG die Zugangseröffnung für Behörden. Zudem hat die Behörde für die elektronische Kommunikation Verschlüsselungsverfahren anzubieten, deren Nutzung den Empfänger/-innen der Verwaltungsdienstleistung jedoch freigestellt ist. Im Freistaat Sachsen ist dies das SecureMail Gateway (SMGW).

Für die Empfänger/-innen der Verwaltungsdienstleistungen besteht keine Zwangseröffnung zur elektronischen Kommunikation mit Behörden. Ihnen bleibt es unbenommen, analog zu kommunizieren. Eine Zugangseröffnung kann jedoch angenommen werden, wenn die Behörde bereits durch Übermittlung elektronischer Dokumente kontaktiert wird.

E-Mail

Die einfachste Möglichkeit an eine Behörde heranzutreten, ist das Verfassen einer E-Mail. Die E-Mail hat sich mittlerweile als Briefersatz im Alltag etabliert. Alle Behörden im Freistaat Sachsen sind per E‑Mail erreichbar. Jedoch ist hier Vorsicht geboten, denn die E-Mail lohnt sich nur für formlose Kommunikation mit Behörden. Zudem muss immer bedacht werden, welche personenbezogenen Daten man über diesen Weg übermitteln möchte, da E-Mails grundsätzlich unverschlüsselt übermittelt werden. Sofern im Verwaltungsverfahren die Schriftform erforderlich ist (z. B. bei der Erhebung eines Widerspruchs) reicht in der Regel eine einfache E-Mail nicht mehr aus.

Qualifizierte elektronische Signatur

Um die Schriftform zu ersetzen, gilt im Freistaat Sachsen § 1 SächsVwVfZG i. V. m. § 3a VwVfG. Auch § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO verweist zur Erhebung eines Widerspruchs auf die Regelungen des § 3a VwVfG. Der Grundsatz, wie die Schriftform ersetzt werden kann, ist die Übermittlung eines elektronischen Dokumentes, welches mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, vgl. § 3a Abs. 2 Satz 2 VwVfG.

Aber was ist eigentlich eine qualifizierte elektronische Signatur? Kurz gesagt ist diese Signatur die digitale Unterschrift einer natürlichen Person. Dies kann man gut am Beispiel eines Widerspruchsschreibens darstellen. Nehmen wir an, einem Ausländer wir die Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt. Gegen diese Ablehnung möchte er Widerspruch erheben. Bisher erfolgt dies durch die Verfassung eines Widerspruchsschreibens, welches eigenhändig unterzeichnet und der Behörde auf dem Postweg übermittelt wird.

Mit der Nutzung qualifizierten elektronischen Signatur kann dieser Prozess papierlos abgebildet werden. Das Widerspruchsschreiben wird als PDF gespeichert und mittels Software und einer sogenannten Signaturkarte mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Diese Signatur identifiziert den Unterzeichner eindeutig und bestätigt auch, dass das Dokument nach Signierung nicht verändert wurde. Dieses signierte PDF kann dann entweder per E-Mail oder verschlüsselt via SMGW (jedoch nur an Behörden des Freistaates Sachsen) übermittelt werden.

Jedoch sind die Hürden für die Empfänger/-innen der Verwaltungsdienstleistungen sehr hoch, da für die Nutzung der Signatur einige Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

  • Zunächst muss ein Zertifikat zur qualifizierten elektronischen Signatur ausgestellt werden können. Dies können nur sogenannte Vertrauensdienste. Nach einem Identifikationsverfahren und Zahlung einer Ausstellungsgebühr wird dieses Zertifikat auf einer Signaturkarte gespeichert und physisch zur Verfügung gestellt.
  • Weiterhin ist ein BSI-zertifiziertes Kartenlesegerät erforderlich, um das Zertifikat auf der Karte auslesen zu können. Auch hierfür entstehen Kosten.
  • Als Dritte Voraussetzung ist die Installation einer Signiersoftware notwendig, welche auch nicht kostenfrei bezogen werden kann und für die, je nach Anbieter, jährliche Lizenzgebühren anfallen.

Für eine nicht IT-affine Person ist dies zu kompliziert und kostspielig und daher die Nutzung außerhalb jeder Lebenswirklichkeit.

Die Bundesdruckerei stellt über ihr Tochterunternehmen D-Trust auch ein sogenanntes Fernsignaturverfahren zur Verfügung. Dabei erstellt man sich auf einer Onlineplattform ein Nutzerkonto und identifiziert sich via Ausweisfunktion des Personalausweises, elektronischen Aufenthaltstitels oder der Unionsbürgerkarte und lädt die Dateien zum Signieren hoch. Dabei fällt pro Signierung eine Gebühr an. Der große Nachteil ist, dass die Datei auf einen fremden Server hochgeladen wird und man stets eine aktive Internetverbindung benötigt.

Ursprünglich war geplant, dass der neue Personalausweis als Speichermedium für die Zertifikate der qualifizierten elektronischen Signatur genutzt werden kann. Jedoch gibt es keinen Anbieter (mehr), der Zertifikate für den Personalausweis anbietet.

Aufgrund der vorgenannten, teils komplizierten Notwendigkeiten zur Nutzung ist eine breite Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur in der Bevölkerung nicht zu erwarten. Es ist zudem unverständlich, warum ein neu ausgestellter Personalausweis nicht bereits vorgefertigt und kostenfrei mit entsprechenden Zertifikaten ausgegeben wird. Eine entsprechende Identifizierung findet bereits mit dem Antrag auf Personalausweis statt. Zudem könnte man sicher die kostenfreie AusweisApp zur Nutzung der Signaturen weiterentwickeln und mit der App das Smartphone als Lesegerät nutzen. Nur durch die Gewährleistung eines einfachen Handlings kann auch die Akzeptanz in der Bevölkerung zur Nutzung der Signatur steigen.

De-Mail

Nach § 3a Abs. 2 Nr. 2 VwVfG können auch De-Mails genutzt werden, um die Schriftform zu ersetzen. Jedoch hat sich die De-Mail nie in der Bevölkerung durchsetzen können, was auch die Telekom (als einen der wenigen De-Mail-Anbieter) dazu veranlasst hat, Mitte 2022 ihr De-Mail-Angebot einzustellen.

Online-Anträge

Neben den vorgenannten Kommunikationswegen sind die Verwaltungsträger derzeit sehr bemüht, Verwaltungsverfahren online abzubilden. Dies ist z. B. bereits im Kfz-Zulassungswesen der Fall. Dort können über den sogenannten iKfz-Standard über Online-Antragsstrecken verschiedenste Dienstleistungen der Kfz-Zulassungsbehörden in Anspruch genommen werden. Die Corona-Pandemie hat hierzu noch einmal die Antragsteller animiert, das Angebot zu nutzen.

Im Freistaat Sachsen steht für Online-Antragsverfahren das Portal Amt24 zur Verfügung, über welches bereits verschiedenste Verwaltungsdienstleistungen online in Anspruch genommen werden kann. In vielen Fällen ist jedoch die Nutzung der Ausweisfunktion der Personalausweises erforderlich, welche sich jedoch mit der Zeit in der Bevölkerung etablieren sollte.

Fazit

Die deutschen Verwaltungsträger haben noch einen langen Weg vor sich. Es sollte jedoch, auch unter Betrachtung der Corona-Pandemie, angenommen werden, dass mittlerweile erkannt wurde, dass sich die Empfänger/-innen von Verwaltungsdienstleistungen nicht mehr in Warteräume setzen wollen, um nach teils mehrstündigen Wartezeiten eine bestimmte Dienstleistung in Anspruch nehmen zu können (z. B. Kfz-Zulassung, Ausweis- und Meldewesen, Ausländerwesen etc.).

Hinsichtlich der Kommunikation mit Behörden außerhalb vordefinierten Online-Antragsstrecken besteht noch massiver Verbesserungsbedarf, welcher nur durch eine niederschwellige Nutzung der bisher bestehenden Lösungen aufgelöst werden kann. Zu beachten ist zudem, dass die Nutzung von Onlinelösungen nicht nur eine Entlastung auf Bürger/-innenseite, sondern auch auf Seite der Behördenmitarbeitenden bedeuten muss.

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