Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen
Wer kennt es nicht? Die Behörde erlässt einen Verwaltungsakt aber der Adressat kommt der Regelung nicht nach. Was muss die Behörde beachten, um Verwaltungsakte zwangsweise durchsetzen zu können?
Literaturempfehlung
Weber, Klaus, Handbuch des sächsischen Verwaltungsvollstreckungsrechts: Rechtssichere Bearbeitung der sog. sonstigen Verwaltungsakte (die eine Handlung, Duldung oder Unterlassung fordern) und deren Vollstreckung nach den §§ 19 ff. SächsVwVG, 2. Auflage, Dresden 2014 (zitiert: Weber)
Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen/Der Vollstreckungstitel
„Grundvoraussetzung jeder Vollstreckungsmaßnahme ist eine zu vollstreckende Grundverfügung bzw. ein zu vollstreckender Grundverwaltungsakt.“ (Weber, S. 31). Dies ergibt sich eindeutig aus § 2 SächsVwVG.
Ein Verwaltungsakt, der zu einer Zahlung, einer sonstigen Handlung, einer Duldung oder Unterlassung verpflichtet, kann vollstreckt werden, wenn er
- unanfechtbar geworden ist oder
- ein gegen ihn gerichteter Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat.
Aus dieser Rechtsnorm ergeben sich folgende Tatbestandsvoraussetzungen, welche für Vollstreckungsmaßnahmen erfüllt sein müssen:
- Es liegt ein Verwaltungsakt vor.
- Es handelt sich um einen befehlenden Verwaltungsakt, der zu einer sonstigen Handlung, einer Duldung oder Unterlassung verpflichtet.
- Der Verwaltungsakt muss unanfechtbar sein oder ein gegen ihn gerichteter Rechtsbehelf hat keine aufschiebende Wirkung.
Neben diesen geschriebenen Tatbestandsvoraussetzungen sind auch ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzungen zu beachten, welche sich aus der Systematik des allgemeinen Verwaltungsrechts ergeben:
- Der Verwaltungsakt muss hinreichend bestimmt sein.
- Der Verwaltungsakt darf nicht nichtig sein.
Verwaltungsakt
Nach SächsVwVG können nur Verwaltungsakte vollstreckt werden. Sofern z. B. ein Realakt vorliegt, kann dieser nicht vollstreckt werden. Wie zu prüfen ist, ob ein Verwaltungsakt vorliegt, könnt ihr hier nachlesen.
Befehlender Verwaltungskat
Jedoch kann nicht jeder Verwaltungsakt vollstreckt werden, sondern nur solche, deren Regelungen eine sonstige Handlung (also ein Tun), eine Duldung oder eine Unterlassung verpflichten.
Beispiele für sonstige Handlungen
- Leinen- und Maulkorbzwang
- Abrissverfügung
- Beseitigung einer Werbetafel
Beispiele für Duldungen
- Wegnahme von Tieren
- Durchführung von Schornsteinfegerarbeiten
Beispiele für Unterlassungen
- Gewerbeuntersagung
- Untersagung der Hundehaltung
- Untersagung der Gewerbeausübung
Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes bzw. keine aufschiebende Wirkung des Rechtbehelfs
Dieser Tatbestand hat zwei Alternativen, von denen nur eine erfüllt sein muss.
Unanfechtbarkeit
Mit Unanfechtbarkeit ist die Bestandskraft des Bescheides gemeint. Ein Verwaltungsakt ist dann unanfechtbar/bestandskräftig, wenn
- Die Rechtsbehelfsfrist, die gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, ungenutzt verstrichen ist. Infos zur Widerspruchsfrist findet ihr hier.
- Wenn der Klageweg erschöpft ist.
- Wenn seitens des Adressaten auf den Rechtsbehelf verzichtet wurde (praktisch jedoch für zu vollstreckende Verwaltungsakte nicht groß von Belang).
Rechtsbehelf hat keine aufschiebende Wirkung
Der befehlende Verwaltungsakt ist auch dann vollstreckbar, wenn dagegen der statthafte Rechtsbehelf (z. B. Anfechtungswiderspruch) erhoben wurde, dieser aber keine aufschiebende Wirkung entfaltet, die Wirksamkeit also nicht suspendiert (für die Dauer des Rechtsbehelfs- und Klageverfahrens ausgesetzt) wird und somit trotzdem zu befolgen ist. Dazu gibt es unterschiedliche Voraussetzungen:
- Der Rechtsbehelf hat kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung. Dies ist in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3a VwGO geregelt. In der Anwendung des Fachrechtes ist insbesondere § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO zu beachten. Diese Regelung besagt, dass die aufschiebende Wirkung auch durch Landes- oder Bundesrecht entfällt. Dies ist z. B. im § 12a Abs. 8 AufenthG der Fall.
- Die Behörde hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die aufschiebende Wirkung angeordnet.
Verwaltungsakt ist hinreichend bestimmt
Ein befehlender Verwaltungsakt kann nur dann vollstreckt werden, soweit er nach § 37 Abs. 1 VwVfG auch hinreichend bestimmt ist (vgl. Weber, S. 56). Unbestimmte Verwaltungsakte, die z. B. „die Herstellung des ordnungsgemäßen Zustandes“ oder sonstige oberflächliche Formulierungen verwenden können nicht vollstreckt werden (so auch VGH Mannheim Urt. v. 10.1.2013 – 8 S 2919/11, BeckRS 2013, 46518).
Verwaltungsakt darf nicht nichtig sein
Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam, § 43 Abs. 3 VwVfG. Dieser kann also auch nicht vollstreckt werden.