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Widerspruchsfrist

Nachdem ihr euch bereits mit den Fristen allgemein beschäftigt habt, gehen wir hier auf eine spezielle gesetzliche Frist näher ein. Die Widerspruchsfrist.

Rechtsgrundlage

Nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Widerspruch binnen eines Monats nach Bekanntgabe des streitgegenständlichen Verwaltungsaktes zu erheben.

Die Fristdauer

Grundsatz

Wie in § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO formuliert, beträgt die Widerspruchsfrist grundsätzlich einen Monat (Achtung: nicht vier Wochen!).

Ausnahme

Über § 70 Abs. 2 VwGO wird auf § 58 VwGO verwiesen und ist somit auch für die Widerspruchsfrist anzuwenden.

§ 58 VwGO regelt somit auch für die Widerspruchsfrist, wann diese zu laufen beginnt (Abs. 1) und was die Folge einer unrichtigen oder unterbliebenen Rechtsbehelfsbelehrung ist(Abs. 2).

Kurz gesagt: Enthält die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtige Angaben oder ist diese unterblieben, so fängt nach § 58 Abs. 1 VwGO die Widerspruchsfrist nicht an zu laufen. Anstatt der Widerspruchsfrist tritt nun nach § 58 Abs. 2 VwGO die Ausschlussfrist, welche ein Jahr beträgt.

Es ist daher falsch formuliert, wenn in der Klausur geschrieben wird, dass sich bei fehlerhafter oder unterbliebener Rechtsbehelfsbelehrung die Widerspruchsfrist auf ein Jahr verlängert.

Eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung liegt zum Beispiel vor, wenn in dieser mitgeteilt wird, dass binnen vier Wochen der Widerspruch erhoben werden kann.

 

Die Bekanntgabe

Die Widerspruchsfrist ist eine Ereignisfrist. Das Ereignis, welches für die Berechnung der Frist maßgeblich ist, ist die Bekanntgabe des Verwaltungsaktes.

Daher ist aus der Aufgabenstellung stets die Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu bestimmen. Die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes kann unterschiedlich erfolgen. Es ist daher im Sachverhalt genau zu schauen, welche Form der Bekanntgabe sich die Behörde bedient hat.

Meist wird in den Prüfungsklausuren jedoch die einfache Bekanntgabe mittels Brief bevorzugt, da hier die Drei-Tages-Fiktion bestimmt werden muss. Nach § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben.

Datum Verfahrensschritt Rechtsgrundlage
09.02.2022 (Mittwoch)
Aufgabe zur Post
-
12.02.2022 (Samstag)
Bekanntgabe
§ 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG (stets in Verbindung mit § 1 SächsVwVfZG)

Bei der dieser Fiktion ist es unerheblich, ob der Tag der Bekanntgabe auf das Wochenende oder einen gesetzlichen Feiertag fällt! Auf die Regelungen des § 41 Abs. 2 Satz 3 VwVfG wird ausdrücklich hingewiesen.

Fristbeginn

Vorbemerkung

Nach § 79 VwVfG gelten für förmliche Rechtsbehelfe die VwGO, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist; im Übrigen gilt das VwVfG. 

Die Juristen sind sich regelmäßig uneinig, ob dies der Fall ist oder nicht. Daher gibt es zwei Wege, wie man zur Regelung zur Fristenberechnung kommt.

  1. Eine Hälfte vertritt die Meinung, dass die VwGO keine speziellen Regelungen zur Fristenberechnung hinsichtlich der Widerspruchsfrist aufweist und somit die Regelungen des VwVfG greifen. Daher würde man über § 79 2. HS VwVfG den § 31 Abs. 1 VwVfG anwenden, welcher wiederum auf §§ 187 bis 193 BGB verweist.
  2. Die andere Hälfte meint, dass in der VwGO durchaus Regelungen zur Fristenberechnung vorhanden sind. Hier würde man aus § 57 Abs. 2 VwGO über § 222 Abs. 1 ZPO ebenfalls in die Vorschriften des BGB kommen.

Für die Klausurpraxis werden beide Wege gleichermaßen anerkannt. Damit dieser Beitrag jedoch nicht zusätzlich aufgebläht wird, wird hier über den ersten Weg berechnet.

Bestimmung des Fristbeginns

Da es sich bei der Widerspruchsfrist um eine gesetzliche Ereignisfrist handelt, beginnt diese stets (ohne Ausnahme) am Tag nach der Bekanntgabe zu laufen.

Fristende

Grundsatz

Die Frist endet grundsätzlich an dem Tag, welcher in seiner Zahl dem Tag des Ereignisses (also der Bekanntgabe) entspricht. Ist der Tag der Bekanntgabe ein 12. so ist grundsätzlich auch der letzte Tag der Widerspruchsfrist ein 12.

Datum Verfahrensschritt Rechtsgrundlage
09.02.2022 (Mittwoch)
Aufgabe zur Post
-
12.02.2022 (Samstag)
Bekanntgabe
§ 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG (stets in Verbindung mit § 1 SächsVwVfZG)
13.02.2022 (Sonntag)
Fristbeginn
§§ 79, 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB
Datum Verfahrensschritt Rechtsgrundlage
09.02.2022 (Mittwoch)
Aufgabe zur Post
-
12.02.2022 (Samstag)
Bekanntgabe
§ 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG (stets in Verbindung mit § 1 SächsVwVfZG)
13.02.2022 (Sonntag)
Fristbeginn
§§ 79, 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB
Fristdauer: 1 Monat
§ 70 Abs. 1 VwGO; Ausnahme: falsche oder unterbliebene Rechtsbehelfsbelehrung. Dann ein Jahr nach §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO
12.03.2022, 24 Uhr (Samstag)
Fristende
§§ 79, 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB

Wochenenden und Feiertage

Sofern das zunächst berechnete Fristende auf ein Wochenende oder einen gesetzlichen Feiertag fällt, so verschiebt sich das Ende auf den nächsten Werktag.

Datum Verfahrensschritt Rechtsgrundlage
09.02.2022 (Mittwoch)
Aufgabe zur Post
-
12.02.2022 (Samstag)
Bekanntgabe
§ 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG (stets in Verbindung mit § 1 SächsVwVfZG)
13.02.2022 (Sonntag)
Fristbeginn
§§ 79, 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB
Fristdauer: 1 Monat
§ 70 Abs. 1 VwGO; Ausnahme: falsche oder unterbliebene Rechtsbehelfsbelehrung. Dann ein Jahr nach §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO
12.03.2022, 24 Uhr (Samstag)
Fristende
§§ 79, 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB
14.03.2022, 24 Uhr (Montag)
Bereinigtes Fristende
§§ 79, 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 193 BGB

Tipps

  • Schau genau hin, welche Form der Bekanntgabe sich die Behörde bedient hat.
  • Wurde dem Verwaltungsakt eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt?
  • Schreibe stets bei dem Fristende den Wochentag dazu. Fällt das Fristende auf ein Wochenende, verschiebt sich das Fristende auf den nächsten Werktag.
  • Schau stets, ob das Fristende ein gesetzlicher Feiertag ist. In deiner VSV befindet sich im 1. Band ein Kalender.
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